Getroffen von einer deutschen Messerschmitt Me 109 schwenkte die Boeing B-17 mit brennendem, rechten inneren Motor aus dem Bomberverband aus. Der Pilot 1st Lieutenant William E. Howard stellte den Motor ab und brachte die Propellerblätter in Segelstellung. Das Feuer im Motor erlosch, aber aus dem in der Motorgondel integrierten Fahrwerksschacht brannte es durch den Fahrtwind angefacht, fauchend weiter, vermutlich hatte der Reifen vom Rad des Hauptfahrwerks Feuer gefangen.
Lieutenant Howard legte den viermotorigen Bomber in eine 180° Linkskurve und ging, allein ohne Begleitschutz, auf Heimatkurs. Die Bombenladung wurde im Notwurf abgeworfen. Seine acht Kameraden im Bomber waren alle wohlauf, als der Bomber in eine Wolkenbank eintauchte. [1]
Die B-17 mit der Seriennummer 44-8334 vom 349th Bomb Squadron der 100th Bomb Group der 8. USAAF Luftflotte war ein Opfer der letzten Luftschlacht des Zweiten Weltkriegs über Deutschland am 07. April 1945 zwischen dem Steinhuder Meer und Hamburg geworden. Deutsche freiwillige Piloten, die im Sonderkommando "Elbe" zusammengefasst waren, sollten durch Rammstoß mit ihren Messerschmitt Me 109 Jagdflugzeugen die Bomber zum Absturz bringen.
Die Soldaten der SS-Werfer-Abteilung 500 werden die Bomberströme, die Richtung Norden flogen, beobachtet haben. Sie, die Elitesoldaten einer in Auflösung befindlichen V-Waffeneinheit, hatten sich aus Hellendorn in Holland kommend, über Lingen-Fürstenau und Lemke bei Nienburg bis in den Raum Dorfmark nach Mengenbostel zurückgezogen. Dort vernichtete die Truppe auf Befehl ihr Sondergerät und rüstete auf 21 cm Werfer um. Ab dem 06. April 1945 Nachmittags erfolgte die Verlegung in den neuen Bereitstellungsraum in die Göhrde.
Die Marschstrecke war Soltaiu – Uelzen – Ripdorf – Molzen – Masendorf – Höver – Weste – Himbergen – Göhrde. Am 07. April 1945 erreichte die Einheit den Raum um Wietzetze. Die Teileinheiten der Abteilung zogen wie folgt in den Orten unter:
Stab und Stabs-Batterie: Wietzetze
1. Batterie: Schutschur – Glienitz
2. Batterie: Drethem
3. Batterie: Neu Darchau
4. Batterie: Katemin
Kolonne: Bahrendorf VIb: Sammatz VK: Darzau
Dort wurde die Ausbildung an den Werfern fortgesetzt. [2]
Kurz nach 13 Uhr tauchte die abstürzende B-17 aus der Wolkendecke südlich Uelzen auf. Der Bomber explodiert in der Luft. Die Bevölkerung am Boden zählte neun kleine Punkte an Fallschirmen vom Himmel schweben. Die Trümmer des Bombers schlug bei Holdenstedt auf. Fünf der Besatzungsmitglieder wurden kurz nach ihrer Landung gefangengenommen. Einige von ihnen hörten in der Entfernung Schüsse.
Von der Besatzung fehlten zunächst der Bordingenieur Technical Sergeant Edward E. Hall, der Funker, Staff Sergeant Michael A. Maty, der Schütze im unteren Kugeldrehturm (Ball Turret Gunner) Staff Sergeant Louis A. Lehrmann und der Heckschütze (Tail Gunner) Staff Sergeant George F. Thomas. [1] [3]
Die fünf Gefangenen wurden nach Uelzen gebracht und dort verhört. Über Lüneburg kamen sie in das Stalag Luft 1 nach Barth in Mecklenburg. Dort trafen die Fünf auch Edward E. Hall wieder, der einige Tage vorher dort angekommen war. Nach etwa drei Wochen Kriegsgefangenschaft wurde das Lager in Barth von den russischen Truppen befreit. Die Besatzung kehrte in die USA zurück.
Von Thomas, Maty und Lehrmann fehlte aber jede Spur, sie erhielten den Status MIA, Missing in Action – Im Einsatz vermisst.
Die amerikanischen Graves Registration Companies waren, wie auch die britischen Grave Registration Units, nach Kriegsende in Deutschland unterwegs, um die Gefallenen ihrer Nationen auf den Friedhöfen und Feldern aus deren Gräbern zu exhumieren, zu identifizieren und im Fall amerikanischer Soldaten, diese auf nicht deutschem Boden in den an Deutschland angrenzenden, befreiten, westlichen Ländern zu bestatten, oder auf Wunsch der Angehörigen in die USA zu überführen.
Bis in die 1950er Jahre wurde in Einzelfällen intensiv, besonders nach Vermissten gesucht. Beispielhaft ist hier Lieutenant Herb, ein Jagdfliger der USAAF, der bei Rosinen im Amt Neuhaus 1945 abstürzte, zu nennen. Die Aussagen des Wingman, des zweiten Piloten, der ihn mit seiner eigenen Maschine begleitete, führte die Suchmannschaft in die Irre. [4]. Diese waren trotz erheblicher Bemühungen nicht in der Lage den Toten nach dem Krieg zu finden. Herb wurde erst nach den Ermittlungen des Missing Allied Air Crew Research Team (MAACRT) durch das Joint POW/MIA Accounting Command (JPAC) 2014 geborgen. Ausführlich wird der Fall in Berichten zur Denkmalpflege 4/2015 ab Seite 191 geschildert.
Die Suche nach alliierten Kriegstoten in der Umgebung von Wietzetze errbrachten keine Hinweise und so verlief eine erste allgemeine Suche ergebnislos. Alle drei Vermissten wurden am 08. April 1946 für tot erklärt. Ihr Staus änderte sich auf DED-Declared Dead.
Im Sommer 1946 ändern sich die Dinge. Am Samstag, dem 01. Juni 1946 war der Arbeiter Joseph Schröter im Auftrag seines Arbeitgebers, dem Landwirt Hermann Lühr aus Wietzetze, unterwegs um Heide zu plaggen (Heide ernten). Heide wurde in schlechten Zeiten unter anderem als Einstreu in den Ställen verwendet. Schröter entdeckte dabei in einem Wald von Lühr die Überreste eines Körpers. [5] Die unteren Extremitäten waren durch Tiere freigelegt und nur noch Knochen. Ab der Hüfte aufwärts war der Körper noch unter der Erde.
Schröter informierte Lühr, der wiederum telefonierte mit dem Polizeimeister Schmidt des Polizeieinzelposten Neu Darchau.
Bei der anschließenden Ermittlung, wurde vermutet, dass es sich um einen britischen Soldaten handeln musste, da in einer abgerissenen (Hosen-) Tasche britische Münzen und ein Notizbuch in englischer Sprache gefunden wurden.
Man entschloss sich den Toten an Ort und Stelle zu lassen, da eine Bergung und Umbettung erst nach der Genehmigung durch die britische Militärregierung möglich war. Der Tote wurde mit Brettern abgedeckt, um ein weiteres ausgraben durch Wildtiere zu verhindern.[6] Knapp zwei Wochen später, am 13. Juni 1946, wurde unter Leitung des Polizeiabschnitsführer des Polizeiabschnitts Danneberg und einer englischen Delegation des Public Safety Office (P.S.O.) in Dannenberg der Tote durch die Landarbeiter des Herman Lühr, Joseph Schröter und Karl Himmelreich exhumiert und in die Leichenhalle des Friedhofs Wietzetze überführt.
Dort wurde festgestellt, dass es sich um den Amerikanischen Flieger George F. Thomas handelte.
Eine Woche später, am 20. Juni 1946 traf der amerikanische Ermittler Carl G. Shafer der 608th Grave Registration Company in Wietzetze ein. Mit ihm der 2nd Lieutenant William H. Grohs als Übersetzer.
Shafer identifiziert den Toten in der Leichenhalle von Wiezetze als den Staff Sergeant George F. Thomas anhand der beiden Erkennungsmarken die der Tote noch trug, als auch an Namensschildern in seiner Fliegerjacke und dem Fliegerkombi und seinem Namen auf dem Sozialversicherungsausweis. Weitere Angaben zum Zahnstatus oder dem Zustand des Körpers macht Shafer nicht.[7]
Shafer vermerkte in seinem Bericht, dass ein Gerücht in der Bevölkerung kursierte, dass im April 1945 durchziehende SS-Truppen drei Amerikaner bei sich hatten.
Der Status des Toten wurde von DED auf KIAKilled in Action geändert. Im Kampf gefallen. Thomas wurde am 05. Juli 1946 um 16:30 Uhr auf dem amerikanischen Soldatenfriedhof in Neuvilleen-Condroz in Feld R, Reihe 7 Grab 157 bestattet. Dort wurde er am 22. November 1948 exhumiert, dabei wurde festgestellt, dass sein Schädel zerschmettert war und ein Teil des Schädels fehlte. [8]
Thomas wurde in die USA überführt und am 29. Juni 1949 endgültig auf dem Snelling National Cemetery, in Sektion C, Block 3, Grab 7941 zur Ruhe gebettet. [9]
Eine Merkwürdigkeit fiel dem Autor und Ermittler des ehrenamtlich arbeitenden Missing Allied Air Crew Research Teams (MAACRT) auf, als er sich für die Datenbank der Arbeitsgruppe Luftfahrtarchäologie Niedersachsen den Missing Allied Air Crew Report einer bei Holdenstedt abgestürzten B-17 anschaut. Die Besatzung hatte drei Vermisste mit dem Status MIA, der dann ein Jahr und ein Tag nach ihrem verschwinden auf DED umgeändert wurde. Nur Staff Sergeant Thomas hatte dann noch einen andern Status erhalten, KIA. Er muss also irgendwan nach dem 08. April 1946 gefunden worden sein.
Das in den USA bestellte Individual Deceased Personal File, trafft nach einigen Wochen ein und offenbarte eine Überraschung: Der Ball Turret Gunner S/Sgt. Thomas wurde im Sommer 1946 in Wietzetze aufgefunden.
Warum das so war, darüber wurden verschiedenen Szenarien erstellt. Ein Abtreiben an einem Fallschirm über so eine weite Strecke war nach Aussage von Fallschirmspringern, die auch mit Rundkappenschirmen gesprungen waren, nicht wahrscheinlich. Ein Absprung im Raum Wietzetze schied auch aus, da im Raum Uelzen neun Fallschirme vom Boden aus gesehen wurden. Eine Flucht Richtung Osten, um an die Elbe zu gelangen und so auf sowjetische Einheiten zu stoßen, wäre ein weiteres Szenario gewesen.
Fraglich war die Anwesenheit von SS-Einheiten an der Elbe, so wie im IDPF berichtet wurde. Dieses Gerücht konnte auch eine Schutzbehauptung der Bevölkerung sein und von einem Lynchmord an dem Flieger abzulenken.
Eine Beratung innerhalb des MAACR Teams ließ den Fall lösbar erscheinen. Schnell war klar, es musste vorrangig geklärt werden, ob die erwähnte SS-Truppe im Zusammenhang mit dem Tot von Thomas und dem Verschwinden der zwei anderen Besatzungsmitglieder Maty und Lehrmann standen. Dies war wichtig um bei Zeitzeugenbefragungen richtig zu taktieren.
m Mai 2010 kam bei der Recherche zu SS-Einheiten an der Elbe über "Das Forum der Wehrmacht" der Kontakt zu Bert Fiedler aus Glienitz zustande. Fiedler forschte intensiv zu der SS-Werfer-Abteilung 500. Erste Informationen aus dem Internet wiesen darauf hin, dass die Werfer-Abteilung im April 1945 tatsächlich in Wietzetze und Umgebung war.
Fiedler gelangte über die Autoren Gückelhorn und Paul des Buches "Gefrorene Blitze" an das Kriegstagebuch der Einheit. Jetzt bestätigte sich der Verdacht, die SS-Soldaten mussten bei ihrer Verlegung aus dem Raum Dorfmark-Fallingbostel zum Zeitpunkt des Absturzes den Raum Uelzen passiert haben und die drei abgesprungenen Amerikaner gefangenommen haben. Ungewöhnlich allerdings, dass der Vorfall nicht im Kriegstagebuch erwähnt wird.
Bert Fiedler konnte in Ernst August Scholz aus Glienitz (+2019) einen Augenzeugen finden, der befragt werden konnte:
Die zwei Freunde Ernst August Scholz und Willi Gehrke, beide damals etwa 10 und 11 Jahre alt wuchsen im gleichen Landarbeiterhaus in Drethem an der Elbe auf. Gegenüber ihres Wohnhauses, auf der anderen Strassenseite, lag die Dorfgastwirtschaft von Otto Semmeroth. Anfang April 1945 wurde es unruhig im Dorf, eine Einheit der Waffen SS machte hier eine Zwischenstation. Die Gastwirtschaft wurde zur Kommandostelle dieser Einheit.
Einen Tag nach Ankunft der Truppe schauten sich die Jungen das Kommen und Gehen der Soldaten und das Treiben auf dem Hof an. Irgendwann erschienen zwei deutsche Geländewagen. Anhand der Uniformen erkannten sie, dass drei der Soldaten Mitglieder einer US-amerikanischen Flugzeugbesatzung sein mussten. Bei einem Absturz eines B-17 Bombers bei Ventschau (Lk. Lüneburg) hatte einer der Jungen bereits einmal solch eine Uniform gesehen.
Ein deutscher Soldat ging in die Dorfgaststätte, um einen Befehl zu holen. Nach kurzer Zeit kam er zurück, und die beiden Fahrzeuge fuhren in einen Feld- / Waldweg Richtung Sammatz davon. (Mahlocksweg).
Die einzige Idee die die Jungen hatten: "Du, die werden jetzt erschossen. Lass mal schauen, ob wir Schüsse hören können“. Die beiden hörten aber keine Schüsse und nach etwa einer halben Stunde kehrten beide Fahrzeuge wieder aus dem Feldweg, ohne die drei Amerikaner, zurück. Der Soldat, der den Befehl geholt hatte, ging wieder in die Gaststätte und nach kurzer Zeit kam er zurück und beide Fahrzeuge fuhren in Richtung Wietzetze / Bahrendorf ab.
Scholz beschrieb den Kommandierenden in Drethem als mißtrauisch, ja ängstliche Menschen, da dieser ständig mit einem Sturmgewehr 44 bewaffnet war, dies war untypisch für einen Offizier weit hinter der Front. Er richtete sich auch so in seinem Dienstzimmer in der Gastwirtschaft Semmeroth ein, dass er mit dem Rücken zur Wand saß. Der Mann sprach nach den Erzählungen von Scholz sächsisch und war Brillenträger. [10]
Wenn der Tag, als Ernst August Scholz die Beobachtungen machte, der Mordtag war, konnte der S/Sgt. Thomas 1946 nur auf einem Grundstück gefunden worden sein das:
- dem Landwirt Lühr gehörte,
- das zumindest teilweise mit Heide bewachsen war,
- vom Mahlocksweg erreichbar war,
- das Schutz und Deckung bot um die Tat auszuführen,
- bzw. soweit Abseits lag das niemand etwas mitbekam.
Der Fokus wurde nun darauf gelegt, die Stelle zu finden an der Staff Sergeant Thomas 1946 entdeckt wurde. Hier könnten auch die anderen beiden Vermissten zu finden sein.
Eine der wichtigsten Augenzeugen war Joseph Schröter, jener Mann, der wissen musste, wo er Staff Sergeant Thomas gefunden hatte. Ab wo war Schröter? Schröter stammte vermutlich aus Ostpreußen und tauchte irgendwann nach Kriegsende, entlassen aus der Kriegsgefangenschaft, in Wietzetze auf. Als Landarbeiter war er bei seinem Arbeitgeber Hermann Lühr tätig. Wie lange er dort beschäftigt war, ist unklar.
Seine nächste Spur findet sich in Sprakensehl, im Landkreis Gifhorn. Dort hat er gelebt, gearbeitet und seine Frau kennengelernt. Wann er Sprakensehl verlassen hat, ist unbekannt.
1960 lebte Schröter bereits in Wolfsburg, Wellekamp 15, und war von Beruf Punktschweißer. [11]
Schröter verstarb einige Jahre vor Beginn der Recherchen seine Frau danach. Die Ehe blieb kinderlos. Joseph Schröter fiel damit als Zeuge aus.
Karl Himmelreich aus Bahrendorf wäre ein weiterer Augenzeuge gewesen, er war aber schon zum Zeitpunkt der Ermittlungen im Jahr 2010 lange verstorben.
Sein Sohn Werner, etwa Jahrgang 1932, konnte keine genauen Angaben machen. Von ihm wurde die Aussage gemacht, dass ein Flieger aus Richtung Leitstade geholt wurde.
Diese Aussage bezog sich aber nach Überprüfung auf einen anderen Flieger, der nach Kriegsende tot an seinem Fallschirm hängend an einem Baum im Forst Leitstade gefunden wurde.
Weitere befragte Zeitzeugen konnten keine wesentlichen Angaben in der Sache machen. Entweder waren Sie zu jung, oder zu der Zeit selber Soldat und 1946 in Kriegsgefangenschaft. Hermann Bohm, der zwar zu der fraglichen Zeit nicht im Dorf war, aber nach dem Krieg in Gesprächen über den Vorfall unterrichtet war, sagte aus, das der Tote aus Richtung Sammatz geholt wurde und der Sohn Werner des Karl Himmelreich damals mit dabei war. Werner Himmelreich, konfrontiert mit der Aussage des Zeitzeugen, wollte dazu nicht weiter befragt werden.
Trotz aller Bemühungen konnte anhand der Zeit- und Augenzeugenbefragungen, als auch nach der Aktenlage nicht geklärt werden, wo Staff Sergeant Thomas im Sommer 1946 gefunden wurde. Anhand der Fakten und in der Annahme, dass der Tag, an dem der Zeitzeuge Scholz die Amerikaner ein letztes Mal sah, der Mordtag war, kam als Tatort nur das Flurstück 191/2 in der Gemarkung Wietzetze infrage. Diese Stelle erfüllte die oben genannten Kriterien.
Ein Zeit-Wegeversuch, das Abfahren der Strecke Drethem bis zu dem Hohlweg der vor dem Flurstück verläuft, so wie es damals die SS-Soldaten getan haben könnten, führte zu der Überzeugung das die Zeit um an den Tatort und zurück zu gelangen, als auch die Tat auszuführen und die Toten zu verscharren sehr knapp war, aber eine Tatausführung möglich, zudem konnte der Augenzeuge Scholz die Zeitspanne von Abfahrt bis Ankunft der Kübelwagen in Drethem auch nicht mehr genau wiedergeben.
Eine visuelle Nachsuche, als auch eine punktuelle Detektorsuche blieben erfolglos.
Da die Nachforschungen innerhalb von drei Jahren keine wesentlichen Hinweise auf den Fundort des Staff Sergeant Thomas und auch keinerlei Hinweise zu den noch anderen beiden Vermissten zu erlangen waren, wurde die Suche und Recherche abgebrochen.
Angezweifelt wurde bei späteren Überlegungen, ob Maty und Lehrmann tatsächlich wie Thomas bei Wietzetze ermordet wurden, oder aber weiter mit Abzug der Einheit verschleppt wurden.
In einem Artikel einer antiquarischen Ausgabe "Der Spiegel" über die Gerichtsverhandlunge zu den Massakern im Arnsberger Wald Ende März 1945, erkannte Scholz in einem der Angeklagten den Kommandanten in Drethem. Es war der ehemalige SS-Sturmbannführer und Ia-Offizier der Division z. V. (zur Vergeltung) Johannes Miesel, der Stellvertreter des Divisionskommandeurs SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Hans Kammler.
Miesel wurde am 13.12.1913 in Aue im Erzgebirge/Sachsen geboren. Miesel, mit der SS-Mitgliedsnummer 372247, trat 1938 in die allgemeien SS ein. Während des Krieges diente er zunächst in einer Nebelwerfer-Einheit der Wehrmacht. 1942 wurde er zum Oberleutnat, 1943 zum Hauptmann befördert. 1943 wechselte er zur Waffen-SS und war ab 01. Mai 1943 Hauptsturmführer. Als Adjutanten eines Artillerieregiments der SS-Division „Nordland“ war Miesel in Jugoslawien und Russland im Einsatz. Im April 1944 wurde er zum Kommandeur der neu aufgestellten SS-Werfer-Abteilung 500. [12]
Am 30. Januar 1945 wurde er zum Sturmbannführer befördert und gehörte nun zum Stab der Division z.V. Als erster Divisionsadjudant (Ia) der Division z.V. bearbeitete er alles, was in führungsmäßiger und taktischer Hinsicht mit den einzelnen Teilen der Division zusammenhing. Der Ia beriet den Kommandeur (Kammler) und bereitete Befehle vor, ohne selbst anordnungsbefugt dafür zu sein. In Abwesenheit des Kommandeurs war er sein Stellvertreter.
Miesel war bei den Massakern von Warstein zwar nicht Tatausführender, aber Beteiligter, der Kammlers Befehle zur Tatausführung geduldet und weitergeleitet hat. Sich sogar empört hatte, dass bei einer Erschießung nur 80 statt 100 Zwangsarbeiter getötet wurden.
Im August 1945 wurde Miesel aus der Kriegsgefangenschaft entlassen.
Miesel wurde mit anderen Beteiligten 1957 angeklagt. Schon vor Prozessbeginn litt er an einem psychischen Leiden, das sich unter anderem in unbegründeten Verfolgungsängsten äußerte. [12]
Grundsätzlich sollte man jedem alles Zutrauen, sogar einen Mord und das insbesondere in Kriegszeiten.
Motive und Motivationen mögen viele der Angehörige der SS-Werfer-Abteilung gehabt haben, um drei amerikanische Flieger zu ermorden. Nicht selten reichte der Verlust des zu Hauses durch einen alliierten Luftangriff, schlimmer noch der Tod der eigenen Familie dabei, um Flieger in Eigenjustiz zu ermorden, oder zu drangsalieren.
Im Fall Wietzetze beruht die Ermordung der drei Flieger aber nicht auf einer Ermordung im Affekt der Eigenjustiz durch Soldaten der SS-Werfer-Einheit, sondern auf Befehl eines übergeordneten Vorgesetzten.
Entscheiden dabei ist, ob Beteiligte, die schon ohne Skrupel eine solche Tat (knapp zwei Wochen zuvor) befohlen und organisiert haben, wieder vor Ort waren. Hier wäre zu klären ob der Stab der Division z.V. oder Teile des Stabes in Wietzetze waren.
Die Bewegungen des Stabes der Division z.V. sind im April 1945 fast nicht mehr nach Aktenlage nachzuvollziehen. In der Nacht vom 28. März auf den 29. März verlegte der Stab nach Bad Essen, danach statt nach Soltau, wie es geplant war, auf telefonischen Befehl des SS-Sturmbannführers Miesel in die Nähe von Schwarmstedt. Der Stab richtet darauf hin am 31. März seinen Gefechtsstand in Rodewald im Landkreis Nienburg ein. [13]
Die Spur der Division verliert sich für etwa eine Woche, bis SS-Sturmbannführer Miesel in Wietzetze wahrgenommen wird. Da Miesel in Sachsen geboren wurde, er als Brillenträger auf Fotos im Gerichtssaal zu sehen ist und er 1957 (wie vermutlich auch 1945) an Verfolgungsängsten litt, gilt die Anwesenheit von Miesel im April 1945 im Raum Wietzetze durch die präzisen Beobachtungen des Zeitzeugen Scholz und dessen Identifizierung von Miesel, die einer Nachprüfung standhielt, als sicher.
Vermutlich befand sich der Stab der Division z.V. oder Teile davon zeitweilig in Wietzetze. Es ist anzunehmen, dass auch der Divisionsrichter SS-Obersturmbannführer Wolfgang Wetzling, ebenfalls Täter in Warstein, sich im Raum Wietzetze aufhielt. Wetzling taucht erst am 30. April 1945 bei Wootz an der Elbe wieder auf, als Parlamentär, um die Kapitulation der Division z.V. und das Übersetzen über die Elbe mit den Amerikanern zu verhandeln. Allein dass Miesel in Wietzetze war, steigert die Wahrscheinlichkeit, dass alle drei gefangenen Amerikaner dort ermordet wurden.
1] Missing Allied Air Crew Report MACR 13716
[2] Kriegstagebuch der SS-Werfer-Abteilung 500, 12. Februar 1945 bis 08. April 1945, Bundesarchiv RS 4/1542
[3] Abschußkladde des Luftgaukommandos XI für 07. April 1945
[4] Individual Personal Deceased File (IDPF) des Lt. Herb [5] Individual Personal Deceased File (IDPF) des S/Sgt. George F. Thomas, Aussage von J. Schröter am 20. Juni 1946.
[6] Individual Personal Deceased File (IDPF) des S/Sgt. George F. Thomas, Meldung des Polizeimeister Schmidt an die Polizei Abteilung Dannenberg, 01. Juni 1946
[7] Individual Personal Deceased File (IDPF) des S/Sgt. George F. Thomas, Report of Burial vom 27. Juni 1946
[8] Individual Personal Deceased File (IDPF) des S/Sgt. George F. Thomas, Disinternment Operations Record vom 12. Dezember 1948
[9] Individual Personal Deceased File (IDPF) des S/Sgt. George F. Thomas, Inscription Data for Headstones
[10] Augenzeugenbefragung des Herrn E. A. Scholz aus Glienitz, 1945 in Drethem am 23.01.2010 und 24.10.2012
[11] Adressbuch Wolfsburg 1960
[12] Internetbeiträge des Christine-Koch-Mundartarchivs am Museum Eslohe. nr. 76. Eslohe 2015. www.sauerlandmundart.de
[13] Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 01.03.-31.03.1945, Anlage zum Kriegstagebuch Nr. 2, Angefertigt durch Leutnant Matthiesen, Abteilung Ic Bundesarchiv RH 26-1022/5 Abteilungen Ic, IIa_b, III, IV_a, IV_b und Divisionsintendent.- Tätigkeitsberichte Jan.- März 1945